BGE und die Moderne Marxistische Theorie.

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root
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BGE und die Moderne Marxistische Theorie.

Beitrag von root »

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Auf Twitter hat Ole Nymoen in diesem Thread auf seine Kritik des BGE verwiesen, die sich auf der Website der #SPD -NRW findet und den Titel trägt:

Grundeinkommen? Nein, danke!


Hinsichtlich der Veränderung der Arbeitswelt, dem Verschwinden der klassischen Arbeit, argumentiert er dort
Nymoen hat geschrieben: Ob es wirklich so kommt, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt – wenn auch stark angezweifelt: Schon 1930 sah John Maynard Keynes den 3-Stunden-Arbeitstag voraus, ähnliches forderte bereits 1880 der französische Sozialist Paul Lafargue.
Nymoen macht es sich sehr leicht, denn der von Keynes 1930 vorausgesehene 3-Stundentag bezog sich vermutlich auf die Beschäftigungsentwicklung in den ersten 2 Wirtschaftssektoren (Landwirtschaft und Industrie)
Bild
(alle Grafiken von KI chatGPT erzeugt die Daten wurden nicht geprüft, spiegeln aber allgemeine bekannte Tendenzen wider.)

Auf der Grafik ist die globale Entwicklung der Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 im 10-Jahres-Abstand abgebildet:
• Primärer Sektor (grün): Stark rückläufig – früher dominierend, heute nur noch ein kleiner Anteil.
• Sekundärer Sektor (gelb): Mit der Industrialisierung stark angestiegen, dann ab dem 20. Jahrhundert allmählich zurückgegangen.
• Tertiärer Sektor (blau): Stetiger Anstieg – heute der dominierende Wirtschaftsbereich weltweit.

Wie die Grafik zeigt, hat sich der Anteil der damals relevanten Sektoren an der Wirtschaftsleistung enorm reduziert.

Die Grafik könnte auch als Abbildung der Entwicklung eines Durchschnittsarbeitstags des Menschen betrachtet werden.
🟩 beschreibt die notwendige Arbeit zur Erzeugung von Lebensmittel,
🟨 beschreibt die notwendige Arbeit zur Erzeugung von Klamotten aller Art, und
🟦 beschreibt „Reproduktionsarbeit“.

Dann setzte sich der Arbeitstag in den einzelnen Epochen wie folgt zusammen:
  • 1850 🟩 7 Std. Landwirtschaft, 🟨 2 Std. Töpfern, Häuser bauen und Straßen pflastern, und 🟦 1 Std. Frisieren und Massieren
  • 1930 🟩 4 Std. säen und melken, 🟨 4,5 Std. Schuhe, Autos, Kraftwerke bauen und 🟦 1,5 Std. Massieren, Frisieren und Body-bilden.
  • 2024 🟩 1/2 Std. sicheln, 🟨 2,5 Std. Hämmern und 🟦 7 Std. Kinder erziehen, Kranke pflegen, Museen besuchen, Urlaub machen uvm.
Für Marxisten wie Herr Nymoen sollte die Grafik aus anderem Grund interessant sein.
Eine Gesellschaft in der 🟩 die Wirtschaft dominiert wird gemeinhin als Feudalismus beschrieben.
🟨 beschreibt Kapitalismus und nun die Preisfrage, welche Gesellschaft beschreibt 🟦?

Betrachtet man den realen in $ gemessenen Anteil der Sektoren an der Wirtschaftsleistung:
Bild:

Auf der Grafik ist die globale Entwicklung der Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 im 10-Jahres-Abstand zu sehen:
• Primärer Sektor (grün): Stark rückläufig – früher dominierend, heute nur noch ein kleiner Anteil.
• Sekundärer Sektor (gelb): Mit der Industrialisierung stark angestiegen, dann ab dem 20. Jahrhundert allmählich zurückgegangen.
• Tertiärer Sektor (blau): Steiler Stetiger Anstieg – heute der dominierende Wirtschaftsbereich weltweit.

Im Vergleich zum Dienstleistungssektor verringert sich die wirtschaftliche Bedeutung der waren- also wertproduzierenden zwei Sektoren deutlich.

Auch die Beschäftigten verteilen sich erwartungsgemäß

Bild


Die Grafik zeigt die Entwicklung der globalen Beschäftigtenzahlen in den drei Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 (in Millionen):
• Primärer Sektor (grün): Dominierend im 19. Jahrhundert, aber mit starkem Rückgang – trotz Bevölkerungswachstums – durch Mechanisierung und Produktivitätssteigerung.
• Sekundärer Sektor (gelb): Wachstum bis Mitte des 20. Jahrhunderts, seither Rückgang durch Automatisierung und Verlagerung der Produktion.
• Tertiärer Sektor (blau): Stark zunehmende Beschäftigung – heute der wichtigste Arbeitgeber weltweit.


Nun zeigt die letzte Grafik lediglich ca. 3,8 Mrd. Beschäftigte (2020) bei einer Weltbevölkerung von rund 8 Mrd. "Händen" (So wurden die Leibeigenen im Mittelalter genannt.) Diesen "Fehler" erklärt die folgende Grafik, nämlich die Erwerbsquote.
Bild

Die Grafik zeigt die geschätzte Entwicklung der globalen Erwerbsquote (Anteil der Gesamtbevölkerung, der arbeitet oder aktiv Arbeit sucht) von 1850 bis 2020:
Haupttrends:
  • 1850–1920: Leichter Rückgang, da Kinderarbeit langsam zurückgeht und mehr Menschen in Bildung eintreten.
  • 1930–1970: Zunahme durch wirtschaftlichen Aufschwung und zunehmender Einbeziehung der "Reproduktionsarbeit" in den Wirtschaftsprozess. Erwerbstätigkeit von Frauen
  • 1980–2020: Stabilisierung bzw. leichter Rückgang – vor allem durch Alterung, längere Ausbildungszeiten und geringere Erwerbsbeteiligung in manchen Ländern
Lesen wir weiter:
Nymoen hat geschrieben: Beide glaubten sie an die Erlösung durch die Maschine, doch von einer solchen Reduktion der Arbeitszeit ist weder in Deutschland noch global etwas zu sehen.
Es geht weniger um die Erlösung von einem Übel als vielmehr um die Befreiung von einem naturgesetzlich determinierten Zwang und meine Darstellung sollte doch jedem zeigen, dass "Arbeit" in den letzten 2 Jahrhunderten einen enormen Wandel erfahren hat.
Es ist doch ein Unterschied, ob der ökonomische Entwicklungsstand einer Gesellschaft sich zwischen den Optionen Arbeiten oder Hungertod oder den Optionen Spanien oder Balkonien bewegt.

Wer den "Glauben" von Lafargue und Keynes, vernünftigerweise an die, für die damalige Zeit dominanten Wirtschaftssektoren knüpft, kommt nicht umhin, ihre Prognosen als zutreffend zu beurteilen.

Aber für die Moderne Marxistische Theorie hat sich an der Welt in den letzten 200 Jahren wenig geändert.

Ohne Strom kein Ohm – ohne Bewegung kein Widerstand!

Während weltweit Menschen fürs #BGE #arbeiten, stellen sich ausgerechnet die alten Strukturen der Linken dagegen. Statt den Wandel zu gestalten, klammern sie sich an überkommene Vorstellungen von Arbeit und Verteilung.

Lesen wir weiter! um das bis hier Gesagte, so Nymoen
Nymoen hat geschrieben: soll es hier aber gar nicht gehen:
Es soll also gar nicht um die Erlösung vom Sündenfall gehen?
Nymoen hat geschrieben: Unabhängig davon, ob uns die Erwerbsarbeit nun tatsächlich ausgeht;
Hier verschiebt Herr Nymoen den Fokus von der produktiven wertschöpfenden Arbeit, einer Arbeit, die sich durch ihre konkreten Früchte selbst finanzierte und die das Industriezeitalter prägte, auf die moderne Erwerbsarbeit - eine Arbeit, die geleistet wird, um zu erwerben nicht um zu erzeugen!
Der globalgesellschaftliche Wandel, der wie er in den gezeigten Grafiken abgebildet ist, drückt sich daher auch in der Wertschätzung des Menschen selbst aus. Eine Arbeit die konkrete Früchte trägt macht den Menschen, der über die Kraft verfügt sie auszuführen selbst wertvoll.
Und umgekehrt macht eine Arbeit, die "Geld kostet" den Menschen, der über die Kraft verfügt sie auszuführen, selbst zum Kostenfaktor.
Der eine füllt den Säckel, der andere leert ihn. Erstere erzeugt Wert und, das sei für die Theoretiker des modernen Marxismus eingefügt, Mehrwert, letzterer vernichtet ihn.

Dieser, dem gezeigten gesellschaftlichen Wandel, geschuldeter Unterschied findet sich in der gesellschaftlichen Bewertung der Migration und damit im Umgang mit "Fremden" wieder. Der 1 Millionste Gastarbeiter wurde in Deutschland gefeiert wie Weihnachten und Ostern zusammen und heute lässt man die Träger dieser kostbaren Arbeitskraft zu tausenden im Mittelmeer ersaufen.

Aber wir wissen bereits, für die Moderne Marxistische Theorie hat sich an der Welt in den letzten 200 Jahren wenig geändert.
Nymoen hat geschrieben: Unabhängig davon, ob uns die Erwerbsarbeit nun tatsächlich ausgeht; (...)
ein Grundeinkommen wird an seinen inneren Widersprüchen scheitern.
In der marxistischen Theorie geht bekanntlich alles ganz allein an seinen inneren Widersprüchen zu Grunde. Das hat den Vorteil, dass ein Marxist hochnäsig über alle Anstrengungen und Mühen anderer arrogant und selbstgefällig hinwegsehen kann. Er weiß eh, dass alles sinnlos ist, weil alles, was entsteht ist wert das es zugrunde geht!

Jedenfalls sind wir gespannt, welche Widersprüche jemand, für den Arbeit ohne gesellschaftlichen Bezug und ohne inhaltliche Substanz existiert, der Arbeit quasi inhaltsleer, raum- und zeitlos als Arbeit Ansich betrachtet, wie so jemand Widersprüche im Grundeinkommenskonzept entdecken will.
Wo doch "Grundeinkommen" als die Basis konzipiert ist, die dem Menschen in der modernen Informations-, Kommunikations- und Dienstleistungsgesellschaft Arbeit ermöglichen soll.
Nymoen hat geschrieben: 1: Eine Freiheit, die nicht in Anspruch genommen werden darf…

Worum handelt es sich bei einem solchen Einkommen überhaupt? Anstelle unveräußerlicher Grundrechte auf Wohnen, Essen oder kulturelle Teilhabe proklamieren BGE-Befürworter das Menschenrecht auf einen nominalen Geldbetrag.
Ein Geldbetrag ist immer nominal, wenn ich nicht irre, aber, wie lächerlich kann man sich machen?
Wie anders soll dem Rechnung getragen werden, wenn nicht durch ein Geldeinkommen? Sollen Essensmarken, Dauerkarten fürs Museum und mietfreie Wohncontainer gefordert werden? Oder das Geld abschaffen und jeder nimmt sich, was er braucht?

Die „unveräußerlichen Grundrechte auf Wohnen, Essen und kulturelle Teilhabe“, sind das treibende Motiv für die BGE-Befürworter.
Welche Handlungsalternative, um solche unveräußerlichen Grundrechte gegen den Zeitgeist durchzusetzen, bietet uns die Moderne marxistische Theorie an?
Nymoen hat geschrieben:
Dass dieser in seinem realen Wert fallen oder steigen kann, verrät jedoch bereits ein Blick in den Wirtschaftsteil einer beliebigen Zeitung: Während im Sommer 2020 mitunter deflationäre Preisentwicklung in Deutschland herrschte, ist derzeit die Inflation in aller Munde.
Ganz bestimmt hat noch kein Mensch, der für das BGE eintritt von Inflation gehört! Je dümmer Sie den anderen schreiben, desto glänzender Ihr Glanz?
Zur Anpassung solcher nominalen Geldbeträge an die wirtschaftliche Entwicklung nutzt die Fachwelt den sogenannten Warenkorb.
Das hilft bei der Festlegung der Höhe des Buergergeldes, der Armuts- oder der Pfändungsfreigrenze.
Nymoen hat geschrieben: Stellen wir uns zur Veranschaulichung der BGE-Problematik nun eine geschlossene Volkswirtschaft vor, in der ein Grundeinkommen eingeführt wird.
Was ist die Basis dieser "vorgestellten" Volkswirtschaft? Ist es ein System in dem Sklaven gehalten werden oder betreibt man dort hauptsächlich Landwirtschaft? Vielleicht ist es eine warenproduzierende kapitalistische Wirtschaft oder eine sozialistische Gesellschaft oder vielleicht eine im Zerfall befindliche sozialistische Gesellschaft auf den Weg in den Kommunismus?
Oder ist der gesellschaftliche Entwicklungsstand für Ihr Modell irrelevant?
Nymoen hat geschrieben: Zwei Extremsituationen könnten eintreten. Erstens: Alle gehen genauso wie zuvor ihrer Erwerbsarbeit nach. Dann hätte das BGE kaum inflationäre Wirkung: Dadurch, dass von oben nach unten umverteilt wird, steigt die Nachfrage moderat, während die Gesamtmenge an produzierten Gütern gleich bleibt.
Steigende Nachfrage hat eine belebende Wirkung auf die Wirtschaft und Beschäftigung. Es bleibt also festzuhalten, dass dieser Extremfall zu einer moderaten Entspannung auf dem Arbeitsmarkt führen würde. Die Beschäftigung würde tendenziell zu- und nicht abnehmen.
(zu mindestens gemäß der Modernen Marxistischen Theorie)
Nymoen hat geschrieben: Zweitens: Kaum jemand oder sogar niemand geht mehr seiner Arbeit nach. In diesem Fall sinkt die gesamtgesellschaftliche Outputmenge stark bei leicht steigender Nachfrage und es kommt zu einer hohen Inflation.
Wenn keiner mehr seiner Arbeit nachgeht, dann gibt’s nix mehr. Dann gibt es auch keine Inflation.
Das ist wie, wenn alle zu atmen aufhörten.
Welcher Output sinkt denn? Nehmen wir an, der Friseur legt die Hände in den Schoß, ARD und ZDF machen Sendepause, die Bundestagssitzungen fallen aus, der DB-Vorstand tagt nicht mehr, die Arbeiterwohlfahrt, Caritas u.v.m. stellen ihre Wohltätigkeit ein, die Schüler bleiben daheim usw.? Warum soll dadurch die Inflation angeheizt werden.
Die vermutete Aufblähung der Geidmenge würde durch eine höhere Sparquote aufgefangen.
Aber die Geldmenge würde gar nicht steigen da der Einkommensunterschied zwischen BGE und z. B. der Abgeordneten Diät rund 10.000 € beiträgt.

Kurz der Wegfall des Dienstleistungssektors hätte vermutlich kaum eine inflationäre Wirkung.

(Inflation kann nur ausgelöst werden durch Stockungen in der realen wertschöpfenden Produktion also in den ersten 2 Sektoren.
Wie wir haben zeigen können, ist die produktive, wertschöpfende Arbeit auf rund ¼ der Gesamtbeschäftigung gefallen. Das wären die zwei Sektoren, die für Inflation zuständig sind. >> dazu später)

Nymoen hat geschrieben: Realistisch ist, dass ein Fall eintritt, der zwischen diesen beiden Extremen liegt.
Eine wertvolle unvorhersehbare Einschätzung, dem Marxismus sei Dank!

Wo jemand auf einer Skala von 1 (alles wie immer) bis 100 (alles kaputt) seinen Realismus platziert, hängt nicht zuletzt an seiner Bewertung seiner Arbeit … nein, falsch ... an der Bewertung seiner Mitmenschen, wie diese ihre Arbeit bewerten.

Herr Nymoen will bestimmt nicht von seiner Arbeit erlöst werden, denn nichts auf der ganzen Welt zwingt ihn Bücher zu schreiben. Er könnte es also einfach lassen.
Obwohl er selbst unbändigen Spaß an seiner Arbeit hat, unterstellt er 99,999% seiner Mitmenschen nach Erlösung von derselben zu streben.
Wie bekloppt ist das denn?
Er schiebt die Pegel vermutlich in den roten Bereich auf rund 80 - 90.

Nymoen hat geschrieben: Dies bedeutet, dass die meisten Menschen die Freiheiten, die ihnen das BGE geben soll – nicht jede Arbeit annehmen zu müssen, weniger arbeiten zu dürfen etc. – überhaupt nicht wahrnehmen können, ohne dass es zu mehr oder minder starken inflationären Wirkungen kommt.
Also etwa 40- 45 % der Menschen in Deutschland arbeiten überhaupt nicht, denn sie sind Rentner oder Kinder oder beides.
Und da immer größere Teile der Arbeitenden ihre Arbeit nicht als eine Last, von der sie sich Erlösung erhoffen, empfinden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach eklatanter Veränderung streben, gering.
Und Menschen, die mit ihrer Arbeit eigentlich nicht zufrieden sind, die aber damit ein durchschnittliches bis überdurchschnittliches Einkommen erwerben, werden, weil es 1.500 € ohne Arbeit gibt, vermutlich nicht wechseln. Z.B. die Abgeordneten, die Minister usw.usf. aber auch Straßenbahnfahrerinnen, Soldatinnen, Nachrichtensprecherinnen, Mechatronikerinnen, Informatikerinnen, usw*innen.

Einen wirklichen Einfluss auf die Lebensbedingungen hat das BGE, sofern es sich am Existenzminimum orientiert, nur auf Menschen mit geringen oder keinem Einkommen und führt bei ihnen zu einer eklatanten Steigerung der Lebensqualität.
Das betrifft Menschen in prekären Lebensverhältnissen, Menschen in Ausbildung, Studium, Menschen, die sich neu orientieren, Menschen, die keine Ausbildung haben Rentner mit geringer Rente, usw.

Laut KI betrifft es ca. 17,6 Mio. Menschen. Die Armutsgefährdungsschwelle liegt für eine alleinlebende Person bei etwa 1.381 Euro im Monat.
Amüsant ist, dass, bei einem Verdienst von 1.381 Euro pro Monat, der Staat rund monatlich 60 € Einkommensteuer verlangt. Der Steuerfreibetrag liegt nämlich seit ewig weit unter der Armutsgrenze. (der Pfändungsfreibetrag beträgt übrigens 1.555 € darauf zahlt man 110€ EK-Steuer/Monat)
Um das zu fixen, müsste der Steuerfreibetrag von derzeit (2025) 12.096 € pro Jahr auf (12 * 1.555 €) =18.660 € angehoben werden. (Ja ich weiß dann geht die Welt unter!)

Zurück zum Thema. Da das BGE vordergründig die Lebensbedingungen der Mittellosen verbessert wird es gemeinhin als Sozialleistung missverstanden aber, das Revolutionäre am BGE ist, dass es die notwendige ethische Reflexion über die essenzielle Moralvorstellung der Industriegesellschaft anstößt – nämlich den Grundsatz, dass nur essen soll, wer arbeitet.
Nebenbei gesagt ist es schon verwunderlich, dass das BGE vielfach von sozial engagierten Personen abgelehnt wird. Wer Armut wirklich beseitigen will, findet doch gerade in diesem Konzept die einzige praktikabele Lösung.


Fortsetzung folgt in Kürze ....
Nymoen hat geschrieben: Wie eine BGE-Inflationsspirale vermieden werden soll, wäre daher von den Befürwortern erst einmal zu erklären.
Marxisten wie Ole Nymoen erklärt sich Inflation ganz einfach.
Hier liegen 100 Eier und auf der anderen Seite 100 Euro, verteilt man Eier auf Euro kommt 1 Ei gleich 1 Euro raus.
Verdoppelt man die Geldseite also macht aus 100 Euro 200, oder vermindert die Eier also stellt nur 50 statt 100 her, ergeben sich pro Ei 2 €. Das Geld ist weniger wert darum Inflation,

Fragt man die KI erhält man folgende Aufschlüsselung.
Ursachen von Inflation:
1. Nachfrageinflation
Wenn viele Menschen viel kaufen wollen, aber es gibt nicht genug Waren → Preise steigen.
2. Kosteninflation
Wenn z. B. Löhne oder Rohstoffe teurer werden → Produzenten geben höhere Kosten an Kunden weiter.
3. Geldmengeninflation
Wenn zu viel Geld im Umlauf ist (z. B. durch Zentralbanken) → das Geld verliert an Wert.


Das Argument, sprich der von Nymoen entdeckte Widerspruch an dem das BGE-System zugrunde geht, lautete also: Durch das BGE gehen die „Leistungen“ zurück, weil viele Menschen weniger oder gar nicht mehr arbeiten. D.H. die Gesellschaft produziert weniger Eier während gleichzeitig noch mehr Geld ins System gepumpt wird, weil Menschen die nicht arbeiten, also nichts produzieren, Geld für lau erhalten.

Nun gibt es kein BGE-Modell welches aus Schulden finanziert werden soll. Alle BGE-Modelle verteilen das Geld innerhalb des Systems um. Entweder über die Einkommensteuer oder über die Mehrwertsteuer oder beiden.
Allen BGE Modellen liegt eine moderate Umverteilung von oben nach unten zu Grunde.

Hinsichtlich des Potentials die grassierende Armut innerhalb der modernen Gesellschaft fundamental zu beseitigen gibt es kein anders, auch nur annähernd vergleichbares Modell. Alle Sozialsysteme setzen bei dem „Armen“ an, und suchen eine vermeintlich persönliche Schuld aufzuheben. Der Mensch wird entmündigt und an seine Seite wird ein qualifizierter, aus dem Steuersäckel bezahlter Sozialarbeiter gestellt.
Das BGE ist das einzige System, das den Menschen als vollwertig und eigenverantwortlich betrachte, als eine Person, der erstmal nichts fehlt außer die Mittel zum Leben. Diese potentielle Beseitigung der Armut die durch das BGE gegeben ist, ist quasi ein Nebeneffekt denn dem BGE liegt der Erkenntnis zugrunde, dass die moderne Gesellschaft auf anderen ökonomischen Prämissen basiert als die der Warenproduktion im Industriezeitalter.

Nimmt man nämlich anstelle der materiellen Dinge, wie Eier oder Röcke (Marx) Dienstleistungen dann funktionieren die Marktgesetze nicht mehr wie bekannt.
Auf dem Warenmarkt sind niemals 100 Frisuren zu finden die gegen 100 € einzutauschen wären. Die Dienstleistung existiert nie außerhalb der Dienstleistenden, sie ist mit ihr untrennbar verbunden.

Während der Stuhl eine vom Schreiner unabhängige eigene Warenexistenz besitzt, quasi von Hand zu Hand getauscht werden kann, selbst wenn der Schreiner schon längst das Zeitliche gesegnet hat, verstirbt die „Ware“ Dienstleistung mit ihrer Erbringung.
Die Dienstleistung ist daher keine Ware im klassischen Sinne. So schreibt Marx auf den ersten Seiten des Kapitals, dass die Ware eine körperliche Existenz hat. Sie ist ein Ding mit Wert.

Kapitalismus basiert auf der Ware als ein unabhängig vom Erzeuger existierendes Ding. Der Kapitalist bezahlt den Arbeiter für seine Arbeitskraft und wird dadurch Eigentümer über das vom Arbeiter erzeugte Produkt.

Der Eigentümer des vom Dienstleister erzeugten Produktes ist immer der Konsument also der Frisierte, der Manikürte, Transportierte, der Geschulte usw.

Ein Kapitalist kann sich daher das Arbeitsprodukt des Diensteistern gar nicht aneignen aber natürlich kann sich jemand den Dienstleistenden aneignen. Nun ist Menschenhandel durchaus ein Gewerbe unsere modernen Zeiten, aber er hat mit Kapitalismus gar nichts zu tun.

Der Kapitalist interessiert sich nämlich gar nicht für den Menschen sondern nur für die Erzeugnisse seiner Hände. Er kauft regulär die Arbeitskraft eines Menschen, mehr braucht er nicht, mehr will er nicht. Seine Entschädigung ist das Produkt der verausgabten fremden Arbeit.

Der Arbeiter ist in dem Sinne doppelt frei: Erstens, er verfügt als freier Mensch über seine Arbeitskraft und kann sie zum Kauf anbieten, und zweitens er verfügt selber über nichts anders als seine Arbeitskraft. Er kann sie daher selber gar nicht produktiv nutzen, da er keine Produktionsmittel besitzt, er verfügt auch über keine anderen Waren die er verkaufen könnte.

Dieser Zustand betrifft die Dienstleistung nicht. Ärzte, Friseurinnen, Rechtsanwälte usw. werden immer gebraucht, aber sie stellen keine Waren her. Sie brauchen keine Produktionsmittel sondern eine Ausbildung.

Der Tausch Ware gegen Ware, auf der die Ökonomie in der Industriegesellschaft fußt, wird in der Dienstleistungsgesellschaft zum Tausch von Ware gegen nichts.
Während hier gearbeitet wird um „Geld“ zu verdienen, muss dort Geld fließen damit gearbeitet werden kann.
In dem Zusammenhang ist die MMT - nicht die moderne marxistische Theorie sondern die Modern Monetary Theory - zu erklären.


Die Dienstleistungen lassen sich nun noch sinnvoll unterscheiden zwischen erstens zur materiellen Warenproduktion gehörende Dienstleistungen (Transport, Marktforschung) zweitens Dienstleistungen, die der Verteilung der Waren dienen, also z.B. der Handel und drittens Dienstleistungen die zur Reproduktionsarbeit zählen, Pflege, Kindererziehung, Haushalt usw.

Kommen wir aber endlich zurück zum Thema, der Inflation an der die Einführung des BGE nach Nymoen zwangsläufig scheitern muss.




Nymoen hat geschrieben: Stattdessen gehen sie davon aus, dass heute ein bestimmter Geldbetrag ausreicht, um ein würdevolles Leben zu führen, und fragen sich nicht, inwiefern das BGE die gesellschaftliche Produktion so verändern könnte, dass der reale Wert dieses nominalen Betrages sich verändert.
Das Argument wird auch durch Wiederholung nicht stichhaltig.
Das BGE ist gerade nicht als ein über die nächsten Jahrzehnte festen Geldbetrag determiniert, sondern über einen Warenkorb.

Und ja, wir gehen davon aus, dass die Einführung des BGE einen Einfluss auf die Wirtschaft hat.
Zunächst mal steigt die Nachfrage nach Dingen des täglichen Gebrauchs.
Die Ursache hat Herr Nymoen oben bereits genannt.


Nymoen hat geschrieben:
Diese Blindheit für die Produktionsseite wurde kürzlich auf besonders lustige Weise sichtbar, als die (noch) mit dem Tesla-Gründer Elon Musk verheiratete Sängerin Grimes auf Instagram schrieb: “Ich bin interessiert an einem radikal dezentralisierten bedingungslosen Grundeinkommen, das durch Kryptographie und Gaming funktionieren könnte, aber ich habe diese Idee noch nicht genügend herausgearbeitet, um sie erklären zu können”. Wir bleiben gespannt!

2: …und die auch nicht an Anspruch genommen wird

Immer wieder finden Modellstudien zum Grundeinkommen statt, in denen Teilnehmer ein Probe-BGE erhalten. Gerne verweisen die Befürworter im Anschluss an derartige Studien darauf, dass das Grundeinkommen keine negativen Beschäftigungseffekte habe. Nun sei einmal dahingestellt, wie aussagekräftig eine solche Untersuchung ist, wenn Menschen wissen, dass sie ihr Probe-BGE nur für einen kurzen Zeitraum (meistens ein oder zwei Jahre) erhalten. Interessant ist vielmehr, dass die Grundeinkommen-Befürworter mit diesem scheinbaren Triumph – seht her, die Menschen sind gar nicht faul! – die Sinnlosigkeit ihres eigenen Konzeptes beweisen.

Denn das Grundeinkommen verschafft den Menschen eine Freiheit, die sie offenkundig weder nutzen können (siehe: inflationäre Probleme) noch wollen. Fragt sich: Wozu dann der ganze Trubel? Gern wird von BGE-Fans bei solchen Einwänden dann ausweichend auf nicht-ökonomische Kategorien verwiesen: Etwa auf ein zum Positiven verändertes Menschenbild, da nun immerhin bewiesen sei, dass kaum jemand faulenzt.
Mag sein, doch sollten sich die BGE-Befürworter dann auch die Frage gefallen lassen: Wie positiv kann ein Menschenbild sein, das zuallererst zur Forderung nach einem Grundrecht auf Geld führt?

3: Das BGE im internationalen Kontext

Die zuvor angenommene Vereinfachung einer geschlossenen Volkswirtschaft trifft offenkundig nicht auf die Realität zu. Das stellt jedoch nicht obige Feststellungen in Frage, sondern untermauert sie vielmehr. Denn welche Auswirkungen mag es haben, wenn in einer Währungsunion wie der EU ein Staat ein Grundeinkommen einführt, dessen realwirtschaftliche Auswirkungen überhaupt nicht prognostizierbar sind? Wie soll eine EZB, die durch ihre Geldpolitik für eine einheitliche Inflationsrate im Euroraum sorgen soll, beispielsweise mit einem allein in Deutschland eingeführten BGE umgehen? Und wie werden die globalen Kapitalmärkte reagieren? Diese Probleme werden die Grundeinkommen-Befürworter kaum beantworten können, da sie im Regelfall mit einer Mischung aus löblichem Menschenbild und ökonomischem Analphabetismus argumentieren, ohne reale Machtverhältnisse mitzudenken: Die einzig sinnvolle Antwort wäre angesichts der eben aufgeworfenen Fragen, dass dann eben ein europa- oder gar weltweites Grundeinkommen eingeführt werden muss. Das ist aber in etwa so realistisch wie eine proletarische Revolution in den USA. Ganz zu schweigen davon, dass Geld eben mehr ist als ein praktisches Tauschmittel. Es ist im Kapitalismus vor allem ein Machtobjekt.

Sollte ein BGE-Befürworter all diese Widersprüche auflösen können, bin ich gerne bereit, meine Meinung zu revidieren. Ansonsten bleibe ich dabei: Grundeinkommen? Nein, danke!

Ole Nymoen, Podcaster (Wohlstand für alle“) und Buchautor (Influencer: Die Ideologie der Werbekörper, Suhrkamp)
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Re: BGE und die Moderne Marxistische Theorie.

Beitrag von root »

Nymoen hat geschrieben: Diese Blindheit für die Produktionsseite wurde kürzlich auf besonders lustige Weise sichtbar,
Sagt der Experte, für den es völlig unerheblich ist, dass in Organisationen wie Caritas heute mehr Menschen 'arbeiten' als in der Landwirtschaft.
Produktionsseite hat für ihn mit der Warenproduktion nichts mehr zu tun sondern ist identisch mit Geldverdienen oder Geldbesitz.

Also von jemanden, für den das Produkt eines Pfarrers sich nicht von dem eines VW-Arbeiters unterscheidet, nehmen wir immerwieder gerne Belehrungen an.
Nymoen hat geschrieben: als die (noch) mit dem Tesla-Gründer Elon Musk verheiratete Sängerin Grimes auf Instagram schrieb: “Ich bin interessiert an einem radikal dezentralisierten bedingungslosen Grundeinkommen, das durch Kryptographie und Gaming funktionieren könnte, aber ich habe diese Idee noch nicht genügend herausgearbeitet, um sie erklären zu können”. Wir bleiben gespannt!
Mensch, da haben Sie, lieber Herr Nymoen, ja eine Ihnen würdige Expertin gefunden.
Allerdings hat sie in ihrer Naivität mehr Realismus hinsichtlich der Rolle des Geldes in der modernen Wirtschaft gezeigt als Sie in dieser populistischen Anti-BGE- Polemik.
Nymoen hat geschrieben: 2: …und die auch nicht an Anspruch genommen wird

Immer wieder finden Modellstudien zum Grundeinkommen statt, in denen Teilnehmer ein Probe-BGE erhalten. Gerne verweisen die Befürworter im Anschluss an derartige Studien darauf, dass das Grundeinkommen keine negativen Beschäftigungseffekte habe. Nun sei einmal dahingestellt, wie aussagekräftig eine solche Untersuchung ist, wenn Menschen wissen, dass sie ihr Probe-BGE nur für einen kurzen Zeitraum (meistens ein oder zwei Jahre) erhalten. Interessant ist vielmehr, dass die Grundeinkommen-Befürworter mit diesem scheinbaren Triumph – seht her, die Menschen sind gar nicht faul! – die Sinnlosigkeit ihres eigenen Konzeptes beweisen.

Denn das Grundeinkommen verschafft den Menschen eine Freiheit, die sie offenkundig weder nutzen können (siehe: inflationäre Probleme) noch wollen. Fragt sich: Wozu dann der ganze Trubel?
Keine ernsthaftes BGE Modell fußt auf dem Axiom dass der MENSCH eine Freiheit von der ARBEIT anstrebt.
Wir wissen, dass es nicht nur einen einzigen Menschen mit einem einzigen Bedürfnis auf der Erde gibt.
Für uns ist die Erde bunt und die Menschen sind vielseitig mit mannigfachen Bedürfnissen.
Karl Marx hat geschrieben: „In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
– Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms, MEW
Was hier herauszulesen ist, ist dass sich Arbeit verändert.
Es existiert Arbeit als belastender den Körper oder Geist zerstörende und Arbeit als die Persönlichkeit prägende Form.
Es gibt selbstbestimmte und fremdbestimmte Arbeit.
Nymoen hat geschrieben: Gern wird von BGE-Fans bei solchen Einwänden dann ausweichend auf nicht-ökonomische Kategorien verwiesen: Etwa auf ein zum Positiven verändertes Menschenbild, da nun immerhin bewiesen sei, dass kaum jemand faulenzt.

Nymoen hat geschrieben: Mag sein, doch sollten sich die BGE-Befürworter dann auch die Frage gefallen lassen: Wie positiv kann ein Menschenbild sein, das zuallererst zur Forderung nach einem Grundrecht auf Geld führt?


Nymoen hat geschrieben: 3: Das BGE im internationalen Kontext

Die zuvor angenommene Vereinfachung einer geschlossenen Volkswirtschaft trifft offenkundig nicht auf die Realität zu. Das stellt jedoch nicht obige Feststellungen in Frage, sondern untermauert sie vielmehr. Denn welche Auswirkungen mag es haben, wenn in einer Währungsunion wie der EU ein Staat ein Grundeinkommen einführt, dessen realwirtschaftliche Auswirkungen überhaupt nicht prognostizierbar sind? Wie soll eine EZB, die durch ihre Geldpolitik für eine einheitliche Inflationsrate im Euroraum sorgen soll, beispielsweise mit einem allein in Deutschland eingeführten BGE umgehen? Und wie werden die globalen Kapitalmärkte reagieren? Diese Probleme werden die Grundeinkommen-Befürworter kaum beantworten können, da sie im Regelfall mit einer Mischung aus löblichem Menschenbild und ökonomischem Analphabetismus argumentieren, ohne reale Machtverhältnisse mitzudenken: Die einzig sinnvolle Antwort wäre angesichts der eben aufgeworfenen Fragen, dass dann eben ein europa- oder gar weltweites Grundeinkommen eingeführt werden muss. Das ist aber in etwa so realistisch wie eine proletarische Revolution in den USA. Ganz zu schweigen davon, dass Geld eben mehr ist als ein praktisches Tauschmittel. Es ist im Kapitalismus vor allem ein Machtobjekt.

Sollte ein BGE-Befürworter all diese Widersprüche auflösen können, bin ich gerne bereit, meine Meinung zu revidieren. Ansonsten bleibe ich dabei: Grundeinkommen? Nein, danke!

Ole Nymoen, Podcaster (Wohlstand für alle“) und Buchautor (Influencer: Die Ideologie der Werbekörper, Suhrkamp)
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