Rohabschrift aus:
"Eine Zeitlang gehöre ich dazu"
ABM und zweiter Arbeitsmarkt
VSA-Verlag, Hamburg 1987
Seite 9
Vorwort
Befristete Arbeitsverhältnisse rücken immer stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Ihre Anwendung erfreut sich bei den privaten und öffentlichen Arbeitgebern zunehmender Beliebtheit. Noch viel zu wenig Beachtung findet dabei allerdings die Tatsache, daß in ABM Beschäftigte ausschließlich befristete Arbeitsverträge erhalten. Und in offiziellen Angaben über den Umfang befristet Beschäftigter wird der Interessierte feststellen, daß ABM-Beschäftigte nicht dazugerechnet werden, obgleich 1986 durchschnittlich mehr als 100.000 arbeitslose Arbeitnehmer in ABM vorübergehend eine Arbeitsgelegenheit finden. Hinzu kommt: Mit Nachdruck wird für die Anwendung befristeter Arbeitsverträge geworben, weil darin ein geeignetes Mittel gesehen wird, um den Arbeitsmarkt zu beleben. Der vermehrte Abschluß derartiger Zeitverträge, so tönt es offiziell, fördere die Beschäftigung, baue die Arbeitslosigkeit ab und beende individuelle Arbeitslosigkeit, zumindest zeitweilig.
(...)
Die kolossale Ausweitung von ABM prägte einen neuen Begriff. Der Arbeitsmarkt, auf dem (zumeist öffentliche) Arbeitgeber von den Arbeitsämtern (finanziell) geförderte Arbeitsplätze anbieten, wird als zweiter Arbeitsmarkt bezeichnet. Diese subventionierten Arbeitsplätze finden sich allerdings nicht in den bekannten Stellenanzeigen. Da sie nicht ausgeschrieben werden, kann sich nicht jeder Arbeitssuchende darum bewerben. Es liegt allein in der Hand der Arbeitsämter, diese Plätze mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Nicht einmal jeder beim Arbeitsamt gemeldete Arbeitssuchende kann einer ABM zugewiesen werden, sondern nur derjenige, welcher schon geraume Zeit arbeitslos gewesen ist, Arbeitslosenunterstützung bezieht oder darauf Anspruch hat. Bevorzugt zugewiesen werden als schwer vermittelbar eingestufte Arbeitslose.
Seite 12 "Keine Arbeit trotz Arbeit. Vom Sinn und Unsinn von ABM"
Detlev König
ABM oder Recht auf Arbeit?
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Mittel und Ausdruck der Krisenbewältigungsstrategien
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen haben in Zeiten wachsender Arbeitslosigkeit wechselnden Charakter. Dienten sie ihren »Erfindern« zu Beginn der bisher längsten Phase der Massenarbeitslosigkeit noch als »Herzstück einer ›aktiven Arbeitsmarktpolitik‹, das den Arbeitskräftebedarf für gemeinnützige und zusätzliche Aufgaben zu tariflichen Bedingungen erweitert und (so; D.K.) den Übergang zum ›Ersten Arbeitsmarkt‹ offenhält« (Klees, 1986), so wandelten sie sich in der Zwischenzeit immer stärker zu einem »gefährlichen, staatlich gesteuerten ›Rotationsarbeitsmarkt‹, der sich zunehmend verselbständigt und die Funktion eines Auffangbeckens übernimmt« (ebd.).
AB-Maßnahmen in ihrer arbeitsmarktpolitischen Wirksamkeit zu beurteilen, ist schlechterdings unmöglich ohne Berücksichtigung sozial- und beschäftigungspolitischer Prämissen und Folgekosten. Ohne eine Antwort vorwegzunehmen, so nehmen sich doch die 100.000 ABM-Beschäftigten angesichts von 2,3 Millionen registrierten Arbeitslosen verschwindet gering aus.
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Anzahl der "Arbeitslosen" von cirka 60 Mio Einwohnern hochgerechnet auf heute, 81 Mio Einwohner macht 3,1 Mio "Arbeitslose" im Jahre 1986. Nicht dazu gerechnet diverse "Sozialhilfeempfänger" und sonstige auch schon damals aussortierte Bürger.
Zu beachten ist auch, daß die "Krise" bereits lange vor der "Wende" ausbrach.
ABM und zweiter Arbeitmarkt (1987)
Moderator: BGE